82 | Polymorphe Räume_Karlsruhe, Düsseldorf, Brüssel
Das von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderte Projekt hat das Ziel eine nachhaltige Gebäudeausstattung zu entwickeln.
Das Förderprojekt umfasst die Entwicklung einer modularen und flexiblen Gebäudeausstattung mit den Arbeits- bzw. Entwicklungsbereichen Möbel & Küche, Sanitär, Licht, Elektro und Raumtrennung.





Projektdaten
Art Förderprojekt, Nachhaltiges Bauen, cradle to cradle
Typ Gebäudeausstattung
Standort Karlsruhe / Düsseldorf / Brüssel
Bauherr selbstinitiiert
Projektzeit 2021-2024
Leistungsphase 1-9 HOAI
Die zentrale Innovation des Projekts besteht in der Entwicklung einer polymorphen Raumstruktur und -ausstattung sowie deren Integration in das Quartier über den gesamten Lebenszyklus hinweg. Sie wird das Vehikel für die nachhaltige Nutzung des Quartiers. Nutzungs- und raumübergreifend gestaltet, ist sie elementarer Bestandteil, um flexibel auf Veränderungen im Quartier zu reagieren und die Objekte im Quartier maximal auszulasten.
Das Konzept der polymorphen Raumstruktur und -ausstattung ist eine neue, innovative Antwort auf die Frage, wie qualitatives Wohnen und Arbeiten in verdichteten Städten auf weniger Raum möglich ist. Das Quartier der Zukunft ist multifunktional und kann direkt auf die Bedürfnisse seiner Bewohner eingehen. Zur Entwicklung nachhaltiger Räume gehören gemeinschaftlich genutzte Flächen und Objekte sowie die direkte Einbeziehung der Nutzerinnen.
po·ly·morph
/polymórph/
Adjektiv
in verschiedenerlei Gestalt, Form vorhanden, vorkommend; vielgestaltig, verschiedengestaltig























Polymorphe Räume sind flexibel, wandelbar, anpassbar und demontierbar. Dem bisherigen Paradigma einer objektgebundenen und festinstallierten Ausstattung wird mit dem Konzept der polymorphen Raumstruktur und Raumausstattung ein ganzheitliches, mobiles und flexibles Ausstattungsportfolio gegenübergestellt. Auch Technik wird darin zum Möbelstück. Zu dem hier entwickelten Konzept gehört es darüber hinaus auch, bekannte Ideen und Ansätze aus dem Bausektor wie Cradle-to-Cradle, einstoffliche und reparaturfreundliche Bauweise, Loop-Potenzial, Modularität, Wiederverwendung statt Wiederverwertung, Ökologie und Digitalität im Herstellungsprozess konsequent auf die Gebäudenutzung und -ausstattung zu übertragen. Hierdurch entsteht eine Möglichkeit zur lokalen und damit nachhaltigen Produktion und Reproduktion von Objekten in der Stadt.
Im Kontext der Kulturdenkmalerweiterung und der städtebaulichen Nachverdichtung im Blockinneren beschäftigen wir uns eingehend mit zwei Fragen: Erstens, mit welchen Maßnahmen kann eine maximale Auslastung von Flächen (Flächensuffizienz) erreicht werden? Zweitens, wie kann ein nachhaltiges, ressourcenschonenderes Leben in der Stadt ermöglicht werden?
Unsere Antwort auf die erste Frage lautet wie folgt: Flächensuffizienz wird am besten durch schnell wandelbare Räume erreicht. Der Schlüssel hierfür ist die Modularisierung und ganzheitlich-polymorphe Struktur der Räume und der Raumausstattung. Gemeint ist damit Folgendes: Im bisher vorherrschenden Paradigma sind Räume in ihrer Flächen- und Funktionsaufteilung weitestgehend fixiert und mit fest verbauten Ausstattungsgegenständen eingerichtet. Eine Küche ist und bleibt eine Küche, ein Bad ein Bad, ein Wohnzimmer ein Wohnzimmer, und auch die Einrichtungs- bzw. Ausstattungsgegenstände in diesen Räumen sind und bleiben selbst bei einem Wechsel der Nutzern mehr oder minder immer die gleichen. An die Stelle dieser nicht mehr zeitgemäßen Herangehensweise an Flächen- und Raumnutzung setzt das hier entwickelte Konzept der polymorphen Räume und Raumausstattung einen ganzheitlichen Ansatz, bei dem nach dem Baukastenprinzip standardisierte Modulelemente zum Einsatz kommen. Dadurch wird es möglich, Räume variabel zu gestalten sowie schnell und problemlos auf nutzerspezifische Veränderungen bezüglich der Raumnutzung zu reagieren. Durch das gesamtheitliche modulare Ausstattungssystem können Küchen-, Sanitär- und Möbelmodule im Kreis getauscht, modifiziert und angepasst werden. Auf diese Weise wird eine maximal flexible und damit effiziente und nachhaltige Nutzung möglich. Kurzum, das Konzept der polymorphen Räume und Raumausstattung ist der Schlüssel zur Flächensuffizienz.
Der zweite große Vorteil des hier entwickelten Ansatzes besteht darin, dass er die Idee eines ökologisch-ökonomischen Kreislaufs vervollständigt. Dies gelingt so: Die zum Einsatz kommenden Modulelemente sind standardisiert und niederkomplex. Dies erlaubt einfache Fertigungsprozesse. Die Bauanleitungen werden allen Nutzerinnen digital zugänglich gemacht. Dank der heute verfügbaren digitalen Produktionsmethoden können die Module kostengünstig und direkt vor Ort in lokalen Werkstätten – also ohne lange Transportwege und globale Lieferketten – hergestellt werden. Dies fördert die Etablierung von Handwerksbetrieben in der Stadt und die Materialkreisläufe werden zurück in das jeweilige Quartier geholt. Das gesamte Ausstattungsportfolio kann auf diese Weise vor Ort hergestellt, genutzt, repariert und wiederverwertet werden. Dies führt zu einem gesamtheitlich-nachhaltigen Lebenszyklus und ermöglicht so ein maximal ressourcenschonendes Leben in der Stadt.
Entwickelt wird das hier vorgestellte ortsunabhängige und damit universell einsetzbare Konzept der polymorphen Räume und Raumausstattung von einem interdisziplinären Team aus Designerinnen, Architekten, Handwerkern, Ingenieuren und Wissenschaftlerinnen. Eine abschließende Bewertung des Projekts erfolgt durch die Einbindung in das „Quartier Zukunft – Labor Stadt” des Instituts für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT).